20. April 2024

Das Online-Ahnenbuch der Familie Windbichler

Die Post in Bromberg

Heimatgeschichte ist, Gott sei’s geklagt, häufig von G’schichterln, Vermutungen und Gerüchten entstellt. Umso wichtiger ist es, wenn man sich auf Schriftliches der handelnden Zeitgenossen beziehen kann. So ist es zumindest bei der Geschichte unserer Post.

Im März 2002 wurde das Bromberger Postamt, wohl ein für allemal, gesperrt.

Und wir Bromberger wurden dem Postsprengel Wiesmath zugeteilt, was eine völlige Entstellung der historischen Entwicklung ist und wohl nur den modernen Postbürokraten, „um die Einheit um Wiesmath lebensfähig zu erhalten“, so einfallen konnte.

Denn historisch war es ganz anders.

Die Geschichte der Post in Bromberg ist eng mit der Geschichte meiner Familie verbunden, denn die Post war von der Eröffnung 1869 (in diesem Jahr wurde auch die Postkarte, ursprünglich „Correspondenz-Karte“ erfunden) bis 1978, mit einer durch Kriegsschäden bedingten Unterbrechung von etwa Mitte 1945 bis knapp vor Jahresende 1947, also „netto“ hundertsechseinhalb von insgesamt 133 Bestandsjahren, in unseren Mauern untergebracht. Und mein Urgroßvater, mein Großvater und meine Großmutter führten das Postamt zusammengerechnet fast sechzig Jahre lang.

Begonnen hat es damit, dass mein Urgroßvater im Jahre 1868 (und zwar am 6.2.) um das Postamt ansuchte.

Nach Genehmigung und mehrtägiger Schulung in Wr. Neustadt sowie Eidleistung im Jänner 1869 wurde das Postamt mit 1.3.1869 eröffnet. (Die Chronik „850 Jahre Bromberg“ führt als Eröffnungsjahr 1860 an, was sicher ein Schreibfehler ist!).

Das „Postamt“ residierte in einem kleinen Zimmerchen im Haus Nr. 115 (heute das „alte Haus“ von Hauptstrasse 13), in dem mein Urgroßvater, als er 1876 zum Bürgermeister gewählt worden war, auch die Gemeindekanzlei einrichtete, und schließlich war dort auch die Raiffeisenkasse von deren Gründung 1894 bis 1899 untergebracht.

Vor dem Jahr 1869 ging alle 8 Tage ein Bote nach Wr. Neustadt um die Post. (Und nicht wie in der Chronik „850 Jahre Bromberg“ zu lesen ist, alle Tage!).

Der Urgroßvater bezog ein Jahresgehalt von 80 Gulden, erhielt ein Amtspauschale von 20 Gulden und für den täglichen Botengang nach Erlach 100 Gulden, also mehr fürs „Hatschen“ als für die sonstige Arbeit als Postmeister!

In den ersten Jahren musste auch noch die „Briefschaft“ nach Thernberg zugestellt werden. Die Zustellung nach Thernberg hörte nach der Eröffnung der Wien-Aspang-Bahn im Jahre 1881 auf. Der tägliche Botengang nach Erlach währte bis 30.6.1895, da ab 1.7. 1895 von Scheiblingkirchen über Thernberg nach Bromberg eine Fahrpost errichtet wurde. (Und nicht wie lt. Bromberg-Chronik erst mit 1.7.1897).

Am 11.3.1889 wurde der Landbriefträgerdienst eingeführt (und nicht, wie in einer anderen Aufzeichnung zu lesen ist, am 31.12.1899).

Im Jahre 1904 übernahm mein Großvater die Postmeisterfunktion, das Amt aber blieb bis 1909 noch im Haus Nr. 115 und wurde am 15.3.1909 in den unteren Ort übersiedelt. Im Haus Nr. 16, heute Markt 16, blieb dann das Postamt, bis 1978 die Übersiedlung ins neue Amtshaus möglich war.

Mein Großvater, geb. 1866, war wohl hauptsächlich Kaufmann, aber halt auch Postexpedient u. ging, wie er stolz vermerkte, als Oberoffizial II. Klasse im Jahre 1924 in Pension, also schon damals mit knapp 58 Jahren!

Danach führte meine Großmutter das Postamt bis 1928, doch war mein Großvater vermutlich auch in diesen Jahren noch „der“ Postmeister, weil er ja die erforderlichen Eignungsprüfungen etc. hatte. Ich habe dafür keine Nachweise aus den sonst sehr guten Aufzeichnungen des Großvaters, schließe das aber aus einem spöttischen Gedicht, das ich in den vielen hinterlassenen Unterlagen des Großvaters gefunden habe. Und dieses Gedicht beschreibt die wahrscheinliche damalige Situation sehr treffend:

Der Abbau bei der Post!
In Bromberg drinnat, bei der Post,
Weil halt der Postmaster z’viel kost’t
So hab´ns’n – der hat grimmi‘ g’schaut
Znachst ganz oafach: abgebaut.
Do‘ tagsdrauf stell’ns den guat’n Mann
Als Stundenlöhner wieder an
Und zahl’n eahm extra d‘ Pension
No zuwi za sein Stundenlohn
Dann kriagt er a za seiner Ruah
A weng a Hilfskraft no dazua
Dass er bei dö Verrechnungssachen
Nit alles braucht allani z’mach’n
Zerscht hat der Postmasta z’viel kost’t
Hiazt zahl’ns glei drei bei dera Post
Ja unseroans vasteht ‘s nit gwiss
Was bei der Post da Abbau is!!

Ja, alles andere, was die Post in Bromberg betrifft, ist in der Bromberger 850-Jahre-Chronik nachzulesen.

Nein, doch nicht ganz!

Denn 1975 war schon einmal die Schließung zugunsten Thernbergs ein Thema, aber das konnte abgewendet werden. Und da hatte auch wieder ein Windbichler, sicher neben vielen anderen bemühten örtlichen Repräsentanten, seine Hände im Spiel, diesmal mein Vater, der alle (politischen) Hebel in Bewegung setzte, um die Post in Bromberg zu erhalten. Seine umfangreiche Korrespondenz in dieser Sache liegt bei uns noch original vor.

Doch im Jahre 2002 haben alle Bemühungen und Unterschriften nichts genützt.

Die Post ist seither zu. Und wenn schon.

Aber wenn das neue Postzentrum wenigstens Erlach oder Warth gewesen wäre! Das wäre nicht nur logisch, sondern vor allem auch historisch richtig gewesen.

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