19. April 2024

Das Online-Ahnenbuch der Familie Windbichler

Kapitel 7: Urgroßvater

Johann Windbichler I.,
geb. 19.6.1838, gest. 17.5.1921

Aufgezeichnet aber von seinem Sohn Johann Windbichler, geb. 6.4.1866

»Er hat bei seinem Vater 3 Jahre und bei Lang, Handelsmann in Edlitz, 5 Monate praktiziert bis 9.9.1855, das Handelsgewerbe erlernt. 8 Monate 18 Tage diente er beim 49. Infanterieregiment, laut Abschied vom 31.12.1859.

Nach dem Ableben seines Vaters führte er mit seiner Mutter im „alten“ Haus die Krämerei und Tabakverschleiß bis 1863. Im Jahr 1863 übernahm er das Haus und führte die Krämerei, die Tabaktrafik wurde ihm erst im Jahre 1869 von seiner Mutter übertragen.«

»Am 4.8.1863 heiratete er die Viktoria, geborene Platzer, welche am 4.3.1837 geboren ist. Sie war eine Tochter von einem Kleinbauern in Tuschkau (das ca. 60 km südwestlich von Prag liegt), und ist die Nichte von Alois Schleuchert, Nagelfabrikant in Schlatten N 39, gewesen, welchem sie die Wirtschaft durch 5 Jahre führte.«


 

 

 

 

 

 


»Aus dieser Ehe stammen 5 Kinder und zwar:

  • Maria, verehelichte Baumgartner in Bromberg N 6, 8 u. 143, geb. 9.9.1863, gestorben 10.2.1899
  • Johann, geb. 6.4.1866, der Nachfolger
  • Helene, geb. 18.8.1868, verehelichte Hauer in Warth
  • Viktoria, geb. 10.11.1872, verehelichte Marosch (Oberlehrer)
  • Eleonora, geb. 16.12.1874, verehelichte Handler, gest. 20.7.1938.«

 

 

 

 

 


»Vom 7.6.1865 bis 8.10.1881 führte er die Lotto Kollektur (Klein Lotterie).

Im Jahre 1868 (6.2.) suchte er um das Postamt an. Nach der Genehmigung und mehrtägiger Schulung in Wr. Neustadt sowie Eidleistung im Jänner 1869 wurde das Postamt mit 1.3.1869 eröffnet.«

Die Chronik „850 Jahre Bromberg“ führt als Eröffnungsjahr 1860 an, was sicher ein Schreibfehler ist!

»Er bezog ein Jahresgehalt von 80 Gulden, Amtspauschale 20 Gulden und für den Botengang täglich nach Erlach 100 Gulden. Damals mußte auch noch die „Briefschaft“ nach Thernberg zugestellt werden.

Die Zustellung nach Thernberg hörte nach der Eröffnung der Wien-Aspang-Bahn auf. Der Botengang nach Erlach hörte am 1.7.1897 auch auf, da von Scheiblingkirchen über Thernberg nach Bromberg eine Fahrpost errichtet wurde, welche Hauer aus Warth übernommen hat. Am 31.12.1899 wurde der Landbriefträgerdienst eingeführt.«

Einer anderen Aufzeichnung des Großvaters gemäß erfolgte dessen Einführung am 11.3.1889, was logischer erscheint.

»Vor dem Jahre 1869 ging alle 8 Tage ein Bote nach Wr. Neustadt um die Post.«

Und nicht, wie in der Chronik „850 Jahre Bromberg“ zu lesen ist, alle Tage!

Auch betrieb der Urgroßvater von 1865 bis 1882 eine Bier- und Brandweinschank. Es existiert sogar ein Bauplan für ein Wohnhaus mit Handlung und Gasthaus aus 1864.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Großvater schrieb dazu:

»Seine täglichen Gäste waren der Kooperator Schoeppl und Oberlehrer Michael Kainz. An einem Sonntag ging es immer sehr lustig zu. Da kam der Schleuchert mit seinen Nichten (Eleonora und Anna) und der Oberlehrer Kainz mit seiner Tochter und seinen Söhnen. Am Sonntag Vormittag wurde in der Hütte, wo dann ab 1939 das Geschäft stand (und wo heute unser Wohnzimmer ist), ausgeschenkt und Frankfurter Würstel mit Kren verabreicht, wo größtenteils der Banbauer Onkel Kellner war.

Am 23.7.1876 wurde er erstmals zum Bürgermeister gewählt, welches Amt er bis 15.7.1919 führte.«

 

 

 

 

 

 

»In diesem Jahr 1876 wurde auch ein Ansuchen an den Landesausschuss gestellt, ein Gesetz betreffend die Aufnahmegebühr (seit 1883 10 Gulden) in den Heimatverband zu regeln.«

Anmerkung von Bgm. Albin Bernhard (in seiner unveröffentlichten Chronik):

»Wenn jemand in einer Gemeinde das Heimatrecht haben wollte, musste er 10 Jahre dort bereits wohnhaft sein und erst dann konnte er nach Bezahlung der Taxe in den Heimatverband aufgenommen werden. Es war dies eine sehr ungute Sache, dadurch sind viele Menschen abgewandert und Bromberg blieb dadurch ein kleines Dorf, ein Ortskern konnte sich ebenfalls nicht entwickeln, weil kein Bauland zur Verfügung stand, alles war Pfarrgrund die Jahrhunderte hindurch und abverkauft wurde leider nichts. Die Nachbargemeinden haben die von hier abgewanderten Familien gerne aufgenommen und wurden dadurch schöne geschlossene Ortschaften.«

 

Anmerkung: Im „alten“ Haus wohnte der Urgroßvater nicht nur mit seiner Familie (wie, ist mir bis heute nicht erklärbar, denn neben dem Krämerladen verwaltete er in einem recht kleinen Zimmer des Hauses sowohl seine Postangelegenheiten ab 1869, seine Gemeindeobliegenheiten ab 1876 und schließlich auch die Raiffeisenkassenagenden ab 1894. Außerdem hielt mein Großvater an anderer Stelle fest, dass er, wenn er zuhause schlief, auf einem Feldbett hinter dem Ladentisch, also der „Budel“, schlafen musste. Wie das war, als er noch nicht in Schule und Lehre war, ist mir unerklärlich, denn neben den Urgroßeltern und den fünf Kindern lebte auch noch die Altmutter Katharina bis zu ihrem Tod 1881 vermutlich im Hause. Dabei war ein Raum die Krämerei, der dahinter liegende Raum eventuell das Schlafzimmer der Urgroßeltern, das Dachbodenzimmer wahrscheinlich für die vier Mädchen (?) reserviert. Wo die Altmutter und der Großvater ihre Kammern hatten ist mir ein Rätsel, um so mehr als der Urgroßvater ja den kleinen Raum zum Hof hin, wie oben erwähnt, als Kanzlei benützte – vielleicht auch erst ab 1881 nach Altmutters Tod. Ob der Großvater bis dahin mit der Altmutter dieses Zimmer teilte lässt sich nur vermuten. Jedenfalls nicht einfach. Auch gab es kein Fließwasser, dieses musste stets aus dem Schulhof (oder von sonst wo) hergetragen werden.

Unter Urgroßvaters Führung wurde in den Jahren 1878 – 1884 die Straße über den Steigberg nach Oberschlatten und durch Bromberg gebaut.

Die heutige Schweißenbachkapelle stand bevor der Strassenbau in Bromberg begann, beim Haus Baumgartner/Hofer, Nr. 143. Diese Kapelle wurde unter dem Urgroßvater als Bürgermeister abgetragen und bei der Schweißenbachkurve neu errichtet. Deren Einweihung erfolgte am 8.6.1884.

Bgm. Bernhard hält dazu noch fest:

»Diese Kapelle war seit eh und je der Einsegnungsort bei den Begräbnissen, hier hatte der Pfarrer mit Ministranten und Kirchenvätern sowie der Kirchenchor den Leichenzug empfangen, wo auch die erste Einsegnung erfolgte. Dies wurde unter Pfarrer Michael Hammer abgeschafft. Es war ein sehr schöner Brauch, schade darum. Auch die Kapelle in Hofstätten bei Gneist war unter anderem zu diesem Zweck genützt worden. Ebenso die Kapelle in Unterbromberg bei Pammer-Stockinger, so hatte jede Richtung aus der die Leichenzüge kamen ihren Einsegnungsort. Im Ortsbereich von Bromberg kam der Priester mit seiner Begleitung direkt ins Haus des Toten und nahm dort die erste Einsegnung vor«.

 

1885 wurden die Kastanien und Linden auf der Strasse bis Schweissenbach gesetzt. (Die Kastanienbäume vor unserem Haus wurden 1889 gesetzt). Beim Schulhaus wurden die Kastanien 1906 gepflanzt.

»Im Jahre 1887 wurde durch ihn das Steidlbauernhaus für die Gemeinde angekauft, kostete 1800 Gulden, welche Summe von der Wr. Neustädter Sparkasse als Darlehen auf diesem Haus war. Die alten Leute Lampert und Magdalena Windbichler (Ausnehmer) mussten von der Gemeinde verpflegt werden. Der eigentliche Besitzer war Lampert Stachl. Der hat die Tochter von Windbichler geheiratet, war vorher Pferdeknecht und konnte sich an die Bauernarbeit nicht gewöhnen und ist nachher wieder beim Hamburger in Pitten Pferdeknecht geworden.

Am 30.10.1888 wurde der neue Friedhof geweiht, nachdem 1880 der Grund zum neuen Friedhof, der gehörte zum Karnerhaus (wurde der Hirschgarten genannt) erstanden worden war.«

Den unteren Teil, wo heute unser Garten/Sportplatz ist, hat der Urgroßvater angekauft.

Die erste Einweihung hat 1881 stattgefunden, die Steinstufen zum Friedhof wurden 1884 hergestellt. Die erste Leiche war Simon Ponweiser, Hofstätten 96. Wahrscheinlich wurde damals auch der sogenannte „Versenkungsapparat“ angeschafft. (Während datumsmäßig nicht mehr eruierbar war, wann die Pfarrkirche den Luster, der ebenfalls durch den Urgroßvater beschafft wurde, erhalten hat.)

Im Februar 1893 wurde das Landwirtschaftliche Casino (=Lagerhaus) gegründet und am 2.9.1894 wurde die Raiffeisenkasse eröffnet, deren erster Obmann er war.

1893 wurde das Haus Nr. 117 (heute Haus von Rupert Birnbauer) als Notspital/Choleraspital angekauft.

Am 13.4.1896 wurde der erste Spatenstich zum neuen Schulhaus gemacht.

Im Juli 1896 wurde er zum Ehrenbürger der Gemeinde Schlatten ernannt.

Am 23.8.1896 hat er von der Gemeinde ein Ehrendiplom erhalten.

1900 wurde der Rettungs- und Krankentransport eingeführt. Erfolgte mit Pferden und musste von Wr. Neustadt angefordert werden.

1902 erhielt er eine Ehrennachzahlung von 300 Kronen.

Bgm. Bernhard hält dazu nochmals die diversen Aufgaben des Urgroßvaters als Steuereinnehmer, Postmeister, RK-Obmann und natürlich als Bürgermeister fest, und das alles in einem Zimmerchen neben dem Krämerladen im „alten“ Haus. Bernhard merkt abschließend an: „Ein Genie, was der alles geleistet hat!“

1905 wurden dem Bürgermeister und dem damaligen Gemeindearzt je ein Ehrengrab auf dem Friedhof zugesichert.

Anmerkung: 1909 wird dem Bürgermeister für sich und seine Frau eine Grabstelle nach freier Wahl zugesichert. Doch damals war seine Frau seit 1907 tot. Irgendetwas stimmt da nicht.

1906 Baubewilligung für das Haus Roggenburg.

Am 18.4.1909 wurde ihm durch den Bezirkshauptmann das goldene Verdienstkreuz überreicht.

1909/1910 wurde eine Telegraphenleitung errichtet. Anmerkung: es gab noch kein Telefon. Mein Großvater machte einen Telegraphistenkurs und nahm Telegramme entgegen.

Am 26.8.1916 wurde sein 40-jähriges Jubiläum als Bürgermeister mit Fackelzug, Höhenfeuer und Hochamt gefeiert.

1919 ist er aus Altersgründen als Bürgermeister zurückgetreten. In der Zeit als Bürgermeister war er auch Mitglied des Bezirksschulrates (ab 1886) und im Straßenausschuß.

Am 12.4.1921 ist mein Urgroßvater erkrankt und am 17.5. um 1 Uhr nachts ist er gestorben.

Erste ergänzende Anmerkungen zu den obigen Ausführungen:

Bgm. (1960 – 1975) Albin Bernhard (geb. 1913, gest. 1989) hat eine, leider bis heute unveröffentlichte Chronik über Bromberg verfasst, in welcher er mehr als 35 Seiten der Amtszeit meines Urgroßvaters widmete. Teile davon hat auch mein Großvater in seinen Familienaufzeichnungen festgehalten. Interessant, aber auch verwunderlich ist, dass Bernhard Protokolle der Gemeinde benutzte, die heute niemand mehr findet. Wohl gab es in den bei uns lagernden alten, nun der Gemeinde übergebenen Unterlagen ein Gemeinderats- (oder Gemeindeausschuss-) Protokollbuch von 1876 bis 1893, das Eintragungen enthält, die Bernhard wörtlich zitiert, doch kann ich mit Sicherheit ausschließen, dass er in dieses Protokollbuch je Einsicht nehmen konnte. Da er darüber hinaus Protokolle auch aus den folgenden Jahren der Amtszeit des Urgroßvaters bis zu dessen Abschied zitiert, muss er Unterlagen für seine Arbeit verwendet haben, die jetzt verschwunden scheinen.

Die Aufzeichnungen von Bgm. Bernhard habe ich, soweit es mir sinnvoll und möglich erschienen ist, in die obige „Leistungsbilanz“ des Urgroßvaters eingearbeitet.

Zweite ergänzende Anmerkungen zu meinem Urgroßvater:

Bei aller Tüchtigkeit und Umtriebigkeit des Urgroßvaters: Die Probleme, die er sich und letztlich auch seinem Sohn, meinem Großvater, aufhalste, waren nicht ohne.

Er hat wohl immer zu viel gewollt, das war er seiner Ruhm- und Ehrsucht, die ich ihm nicht ganz grundlos unterstelle, schuldig. Es gibt nicht nur zahlreiche Fotos von ihm und seiner Familie, er hat seine Frau ind sich auch malen lassen, was in jener Zeit vielleicht auch nicht ganz billig war.

1885 pachtete er das Häuserl neben der Bäckerei in Bromberg Nr. 14. Es hat einem Juden gehört und musste hergerichtet werden. Doch als dieser es im Jahr darauf zurück wollte, musste es der Urgroßvater kaufen. Schließlich war Großvater gezwungen, es 1899 samt Waren um 6.000 Gulden zu übernehmen.

In der Zeit von 1899 bis 1904 wurde der Urgroßvater Banken und privaten Gläubigern 15.000 Gulden schuldig und konnte nicht mehr weiter, sodass der Großvater am 11.02. 1904 das obere Haus 115 mit einem Schuldenstand von 18.000 Fl übernehmen musste.

Großvater hat laut seinen persönlichen Anmerkungen (siehe dort) nie ganz erfahren, was sein Vater sonst noch wem schuldete. Ich fand aber eine Vielzahl von 3-Monats-Wechseln von Geldinstituten, aber auch Privaten, mit deren Prolongation er sich, offenbar schon weit vor 1900, „über Wasser“ gehalten hat.

Zu seiner Quasi-Insolvenz kann es aber auch gekommen sein, wenn das stimmte, was es familienintern auch hieß, dass er nämlich immer dann, wenn man einem seiner Vorhaben in der Gemeinde widersprach, er dieses dann doch durchführte und aus eigener Tasche bezahlte. (Als meine Frau Elisabeth das hörte, meinte sie nur lakonisch: „Und seit damals sind die Windbichlers verarmt“).

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